Landgericht Hamburg: Adblocker verstoßen nicht gegen das Urheberrecht

Mit seiner Klage wollte Axel Springer das Filtern von Werbung untersagen lassen. Das letzte Wort ist in der Sache nicht gesprochen.

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(Bild: Michael Derrer Fuchs/Shutterstock.com)

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Von
  • Torsten Kleinz
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Jahre nach der ersten Prozess-Serie versucht Axel Springer mit einem neuen Ansatz den Einsatz von Adblockern auf den Angeboten des Verlags zu untersagen. In erster Instanz hatte der Verlagskonzern damit keinen Erfolg: Das Landgericht Hamburg wies am Freitag die Klage ab und gab der beklagten Firma Eyeo recht, die unter anderem für das Programm Adblock Plus verantwortlich ist.

In der Klage (Aktenzeichen 308 O 130/19) argumentierten die Anwälte des Verlagskonzerns, dass Adblocker in den Quelltext und die Gestaltung von redaktionellen Angeboten eingreifen und damit gegen das Urheberrecht verstoßen. Dabei bezogen sie sich auf ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts von 2012, bei dem es eigentlich um den Einsatz von Cheating-Software ging. Die Richter hatten damals entschieden, dass auch die Umarbeitung eines Programms im Arbeitsspeicher eines Rechners durch die Urheber verboten werden kann.

Doch die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg wollte hier keine direkte Analogie zu Adblockern ziehen. Zwar greife der Adblocker in die Darstellung urheberrechtlich geschützter Inhalte ein. Das Ausblenden oder Überschreiben einzelner CSS-Elemente stelle aber keine Umarbeitung nach Paragraph 69c des Urheberrechtsgesetzes dar: Die übertragenen HTML-Dateien selbst würden nicht geändert, lediglich die vom Browser daraus erzeugten Datenstrukturen anders dargestellt als vom Urheber beabsichtigt, argumentieren die Richter.

Vom Gesetz verboten sei aber nur ein Eingriff in die Programmsubstanz. Eine breitere Auslegung der Vorschrift würde jede fremde Steuerung von Programmfunktionen ausschließen, was nicht den Intentionen des Gesetzgebers entspreche, heißt es in der Urteilsbegründung. Sonst wäre es auch verboten, Webseiten ohne Bilder anzusehen oder Tracking-Skripte zu blockieren.

Ebenso seien die Webseiten nicht als "Multimediawerke" insgesamt geschützt, da hier keine eigenschöpferische Leistung vorliege. Unter diesem Schutz stünden nur persönliche geistige Schöpfungen. Auch das Vorliegen eines Styleguides bei der Gestaltung der Webseiten begründe keine ausreichende Schöpfungshöhe.

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Till Faida, Chef von Eyeo, begrüßte das Urteil: "Das Landgericht Hamburg schafft hier einen wichtigen Präzedenzfall", die Entscheidung sei ein wichtiger Sieg für das freie Internet. So dürften Nutzer weiterhin frei entscheiden, wie sie ihre Browser konfigurieren und das Internet sehen wollten.

Naturgemäß kommt Axel Springer zu einem gegenteiligen Ergebnis: "Werbeblocker verändern die Programmiercodes von Webseiten und greifen damit – wir meinen: urheberrechtswidrig – direkt in das verfassungsrechtlich geschützte Angebot von Medienunternehmen ein", erklärt ein Sprecher gegenüber heise online. Dadurch werde eine zentrale Finanzierungsgrundlage des Journalismus gefährdet und somit langfristig der offene Zugang zu meinungsbildenden Informationen im Internet.

Der Rechtsstreit ist nicht beendet: Axel Springer kündigte an, gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen zu wollen. Die Juristen des Konzers sehen Grund für Optimismus: Mit der Urheberrechts-Argumentation hatte Axel Springer bereits im Jahr 2018 vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht den iPhone-Adblocker Admop erfolgreich zur Aufgabe gebracht.

Eyeo ist aber ein härterer Gegner. Die Kölner Firma hatte bereits vor einigen Jahren die Klagen mehrerer Verlage erfolgreich bis vor dem Bundesgerichtshof abgewehrt, darunter auch Axel Springer. Damals hatten die Verlage vorrangig mit dem Wettbewerbsrecht argumentiert und das Geschäftsmodell von Eyeo angegriffen. Die Firma finanziert sich über das Programm "Acceptable Ads", einer für Werbetreibende kostenpflichtigen Whitelist. Dies sahen die Bundesrichter als zulässig an.

(kbe)