Uploadfilter beschlossen: Vielen Dank, Herr Voss und Herr Oettinger

Mit der Reform des Urheberrechts und ihren Uploadfiltern ist im Grunde niemand zufrieden. Bedanken darf man sich dabei vor allem bei der CDU.

Ein IMHO von veröffentlicht am
Plakat auf der Demo gegen Uploadfilter im März 2019
Plakat auf der Demo gegen Uploadfilter im März 2019 (Bild: Friedhelm Greis/Golem.de)

Nun kommen sie also doch, die Uploadfilter. Bestimmte Internetplattformen sind künftig vom Haftungsprivileg des E-Commerce ausgenommen und haften unmittelbar für Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer. Sie dürfen jedoch "automatisierte Verfahren", vulgo Uploadfilter, einsetzen, um solche Verstöße zu verhindern. Gleichzeitig dürfen legale Uploads, die auf geschützten Inhalten basieren, nicht blockiert werden.

Ob und wie diese widersprüchlichen Vorgaben der EU überhaupt umgesetzt werden können, dürfte Urheber, Provider, Nutzer und Gerichte noch jahrelang beschäftigen. Daran hat die Digitalpolitik der Union, in den Personen des früheren EU-Digitalkommissars Günther Oettinger, des EU-Abgeordneten Axel Voss als Verhandlungsführer des Europaparlaments und von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (alle CDU), nicht unerheblichen Anteil. Mit voller Unterstützung der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel und deren Kulturstaatsministerin Monika Grütters (auch beide CDU).

Auf EU-Ebene alles durchgewunken

Auf EU-Ebene haben Unionsvertreter in Parlament, Kommission und Ministerrat im Grunde alle umstrittenen Regelungen der Reform unterstützt oder durchgewunken. Während Frankreich vor allem an der verschärften Haftung in Artikel 17 gelegen war, beharrte die Union an der Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechts für Presseverleger. Dafür war sie bei Artikel 17 zu vielen Zugeständnissen bereit, ohne sie vermutlich richtig verstanden zu haben.

Das SPD-geführte Bundesjustizministerium hat immerhin versucht, die Interessen von Nutzern und Rechteverwertern unter einen Hut zu bringen. Seine ursprünglichen Pläne, relativ großzügige "mutmaßlich erlaubte Nutzungen" von Videos, Musik, Fotos und Texten zu ermöglichen, musste es unter dem Druck von Rechteverwertern stark zusammenstreichen.

Ziemlich komplexe Regelung

Allerdings dürfte von vornherein klar gewesen sein: Neue Urheberrechtsschranken sah die EU-Richtlinie nicht vor. Selbst die jetzige Konstruktion, die eine Blockade beschränkter Inhalte zumindest während eines Beschwerdeverfahrens untersagt, geht der Musikindustrie und den Verlagen viel zu weit.

Das Resultat ist eine ziemlich komplexe Regelung, die für Nutzer kaum zu durchschauen ist. Im übrigen ein europäischer Alleingang, der der beabsichtigen Harmonisierung des Internetrechts diametral entgegen steht. Diese ganze Urheberrechtsakrobatik hätte man sich sparen können, wenn Deutschland im Jahr 2019 gegen die EU-Richtlinie gestimmt hätte. Doch die CDU behauptete wider die Einschätzungen von Urheberrechtsexperten, die Uploadfilter seien vermeidbar. Vermutlich ging es damals nur darum, den Nutzerprotesten vor den Europawahlen im Mai 2019 etwas entgegensetzen zu können.

Willfähriges Instrument der Verlage

Ähnlich sieht es beim Leistungsschutzrecht für Presseverlage aus. Hier hat sich vor allem der frühere Digitalkommissar Oettinger als Interessenvertreter der Verlage hervorgetan. Auch hier hat die EU so schwammige Vorgaben gemacht, dass langwierige Verfahren wie beim deutschen Leistungsschutzrecht wahrscheinlich werden.

Die Verlage haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, eine klare Angabe von frei verwendbaren Wörtern oder Zeichen im Gesetz zu verankern. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Altmaier hat die Verlage in ihren Forderungen gegenüber dem Justizministerium komplett unterstützt.

Ganz offen plädieren die Verlage auf ihrer Internetseite dafür, dass Google die Verlagsinhalte anzeigen und gleichzeitig dafür bezahlen muss. "Wer bei Google ausgesperrt wird, findet im Netz nicht mehr statt. Das ist die Machtposition von Google, die unbedingt eingeschränkt werden muss. Daher ist es nicht widersprüchlich, dass das Unternehmen zu beidem verpflichtet wird", schreibt der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

Rote Linien überschritten

Das heißt: Nach Ansicht der Verlage muss die lizenzfreie Nutzung so klein und unbestimmt bleiben, dass eine Anwendung des Gesetzes durch Google als "Aussperrung" und Marktmissbrauch gesehen werden kann. Ein Vorgehen, das in Frankreich schon funktioniert hat.

Das entspricht einem verkappten Kontrahierungszwang, den das Bundeskartellamt beim gescheiterten deutschen Leistungsschutzrecht ausdrücklich zurückgewiesen hatte. Doch das neue Leistungsschutzrecht betrifft nicht nur Suchmaschinen und Newsaggregatoren, sondern alle Dienste der Informationsgesellschaft.

Wäre es nach der CDU gegangen, hätten die Verlage noch viel weitergehende Forderungen durchsetzen können. Es ist wohl nur der SPD zu verdanken, dass die "roten Linien", die CDU-geführten Ministerien zwischenzeitlich gezogen hatten, am Ende überschritten werden konnten. Stets ging es der CDU vor allem darum, die Position von Rechteverwertern gegenüber Urhebern, Nutzern und der IT-Wirtschaft zu stärken.

EuGH sollte Artikel 17 stoppen

Allerdings sind nicht alle Regelungen der Urheberrechtsreform kompliziert und verwirrend. Immerhin gibt es einige Verbesserungen beim Urhebervertragsrecht, Text- und Data-Mining und dem Zugriff auf verwaiste Werke. Reproduktionen von gemeinfreien Gemälden sind künftig nicht mehr urheberrechtlich geschützt. Die gesetzlich erlaubten Nutzungen für Unterricht und Lehre, für die wissenschaftliche Forschung einschließlich Text- und Data-Mining sowie durch Kulturerbe-Einrichtungen wird vollständig entfristet. Diese Entfristung hatte Altmaiers Wirtschaftsministerium ebenfalls abgelehnt.

Für die Uploadfilter-Regelung, das sogenannte Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz, wäre es wohl am besten, wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Artikel 17 der Richtlinie für unzulässig erklären würde. Dann könnte sich die EU noch einmal eine sinnvollere Regelung überlegen. Und am besten die CDU möglichst wenig an deren Ausarbeitung beteiligen.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).

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Denni 26. Mai 2021

genau allen CDU Content und Webseiten auch Fehler und Probleme prüfen und zur "Anzeige...

Denni 26. Mai 2021

kurzfristig, also kleiner partner mit vielen kompromissen .. sorry, aber das ist mal...

Denni 26. Mai 2021

vorallem müsste upload und download beide vpn nutzen von einem land das ..

Denni 26. Mai 2021

Wie wenig Ahnung er von seinem Digital Posten hat, durfte er da ja mehr als unter Beweis...



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